Der Shpiegel: Russischen Frauen ist es in ihrer Heimat verboten, schwere Lkw zu fahren. Einige Truckerinnen setzen sich darüber hinweg. Eine Reportage zeigt den Berufsalltag in einer von Männern dominierten Branche.
Sechs Uhr morgens, eine Wohnsiedlung in Sankt Petersburg. Nastja Satschko macht schnell noch Tochter Viktoria für den Kindergarten fertig. Dann geht die 34-Jährige auf Tour, die nächsten vier Tage ist sie im Lkw unterwegs. Ihr Mann kümmert sich um Kind und Haushalt.
Satschko ist eine von etwa dreißig Fernfahrerinnen in Russland. Statistiken gibt es nicht, aber die Frauen in der Branche kennen sich – denn offiziell dürfen Satschko und ihre Kolleginnen diesen Beruf gar nicht ausüben. Das Fahren großer Lkw ist in Russland Männern vorbehalten. 1974 legte die Sowjetunion eine Liste mit für Frauen verbotenen Berufen fest, die bis heute gültig ist.
Stephania Kulaewa, Menschenrechtsaktivistin und Leiterin des Anti-Discrimination Centre “Memorial” (ADC “Memorial”), kämpft mit der Kampagne “All Jobs for all Women” seit Jahren dafür, dass die Liste mit den für Frauen verbotenen Berufe abgeschafft wird. “Die Liste reflektiert die immer noch vorhandenen konservativen Stereotype in Russland und festigt die traditionelle Rollenverteilung zwischen Frau und Mann.” Nach wie vor sei die Ansicht weit verbreitet, Frauen hätten für den Erhalt und die Reproduktion ihrer Familie Sorge zu tragen.